hallo papa, bist du da? ich hab noch so viele fragen an dich. fragen, die mich begleiten und die niemals beantwortet werden können.
papa, wo bist du? ich weiß nicht, wo du bist, und ob du mich siehst und hörst und spürst. hörst du mich?
nun bald sind es schon vier jahre hier auf dieser erde ohne dich. es so viel passiert, seit du weg bist. ich frage mich, ob du davon was mitbekommst. in letzter zeit fühle ich mich wieder unglaublich falsch, verletzbar, wertlos. wer bin ich und warum? und warum bin ich allein, obwohl um mich herum tausende menschen ein leben führen, welches so unfassbar weit von mir entfernt scheint. was stimmt nicht mit mir (und meinem kopf)? ich weiß, dass du genauso gefühlt hast. als ich in köln gewohnt hab und du mich häufiger besucht hast. direkt um die ecke am hansaring sind wir in ein asiatisches restaurant gegangen. wir haben geredet. gegenseitiges verstehen. ohne viele worte. du hast gesagt, „vielleicht hast du etwas zu viel von mir mitbekommen“. ja, das habe ich. und daher stelle ich mir die frage: wie (zur fucking hölle) hast du das ausgehalten? du hast gesagt, dass du mir etwas zu viel von dir vererbt hast. und du hast dich dafür bei mir entschuldigt. das weiß ich heute noch und das werde ich immer wissen.
während ich meinen weg gehe, arbeite, studiere und versuche, halt zu finden und irgendwie zu überleben, bist du woanders. wie vertreibst du dir die zeit, da wo du bist? ich denke oft an dich. an grauen genauso wie an bunten tagen (die meisten sind grau). du bist in meinem herzen. es war nicht immer leicht mit dir und vieles tat weh. aber das leben war auch nicht fair zu dir. ich verzeih dir, papa. ich kann nicht in worte fassen, was ich dafür geben würde, noch einmal mit dir zu sprechen. dich noch einmal in den arm zu nehmen. zu drücken. wirklich, hätte ich die chance, ich würde dich in die arme schließen, ich würde so, so, so fest drücken, wie ich könnte. ich würde nie wieder loslassen. versprochen.
und dann noch eine frage, die beschäftigt mich ganz besonders. warum bist du gegangen, papa? warum bist du so früh gegangen? ich weiß, dass du das wolltest. und ich weiß auch, dass du nicht mehr konntest. es war zu viel. zu viel leben, zu viel gefühl, zu viel schmerz, zu viel dunkelheit, zu viele sorgen, zu viel verantwortung. alles ertränkt in zu viel alkohol und antidepressiva. du wolltest gehen. du hast gesagt „mein leben ist eine lüge und ich möchte da bis zum 31.10. austreten“. und du bist vorher gegangen und das schmerzt. du bist weg. ohne ein letztes wort. werden wir uns wiedersehen, papa? wartest du auf mich? manchmal habe ich gedanken, ich weiß, dass diese dumm und nutzlos sind. aber was wäre, wenn ich auch gehen würde. würden wir uns dann endlich wieder in die arme nehmen können? uns geschichten erzählen können? worte haben uns schon immer verbunden. ich würde so viel geben, für ein einziges wort von dir…
ich stelle mir so oft vor, dass du einfach so die tür öffnest und ins zimmer kommst. und das ist so verfickt real, dass ich jedes mal aufs neue in tränen ausbreche. und mein herz in die hose rutscht. weil mir klar wird, dass es nur eine illusion ist. jedes mal stelle ich mir vor, wie ich um deinen hals wirble. dann bin ich wieder ein kind (deine matti) und wir albern herum und wir spielen spiele und wir spazieren durch den wald und sammeln herbstlaub für eine girlande für meinen geburtstag. wir machen eine fototour durch die halden. wir fahren inliner am rhein oder auf dem pfützen parkplatz. wir fahrn zusammen im auto und wir hören ganz laut „somewhere over the rainbow“ und wir singen laut mit und wir lachen und ich habe meine füße aus dem offenen fenster gestreckt, denn das hast du immer erlaubt, nur du.
ich träume so lange und ich stelle mir immer wieder diese fragen und irgendwann schlafe ich ein und alles wird dunkel und die fragen, die schlafen auch langsam ein. bis sie am nächsten tag gemeinsam mit mir wieder erwachen und alles von neuem beginnt wie ein verdammtes karussell.
es gibt tage, an denen ich trauriger bin als sonst. so ein tag ist heute. der september hat den herbst mit sich gebracht. aus heißen sommertagen haben sich kühlere, meist graue und zum teil verregnete tage entwickelt. heut ist es frisch aber sonnig. aber nicht einmal die sonne kann mir ein lächeln auf die lippen zaubern. ich bin so scheiß erschöpft. in mir sind so viele gedanken. die mir den magen umdrehen. mich wertlos fühlen lassen. durch die ich alles in frage stelle, mein ganzes gottverdammtes leben. und ich möchte überhaupt nicht schwarzmalen. ich bin dankbar. und ich kann glücklich sein. aber ich bin es nicht.
danke für die wertvollen tipps:
„lach doch mal, lachen ist gesund“ „geh doch mal an die frische luft“ „du musst dich nur mal aufraffen und unter leute gehen“ „einfach mal den kopf ausschalten“.
hey leute, mir gehts direkt besser